Musik war schon immer global 

Ein Gedankengang durch Stuttgart mit Branko Arnsek
 
Montagmittag/Stuttgart: Tina Saum/flanerie ist mit dem Musiker Branko Arnsek zu einem Spaziergang verabredet. Wärend sie mit vertraten Alltagsgeräuschen im Ohr vom Rotebühlplatz zum Schlossplatz schlendern, spricht er von fremden Klängen aus aller Welt.
 
Warum treffen wir uns vor dem Rotebühlzentrum?
In der Musikschule gebe ich seit 25 Jahren Unterricht im Fachbereich Pop Rock Jazz.
Was ist dir wichtig zu vermitteln?
Vor allem geht´s mir,  neben der ganzen Technik, darum, Möglichkeiten aufzuzeigen und Anreize zu geben. Ich konfrontiere meine Schüler gerne mit ihnen fremder Musik. Hieraus kann sich eine Offenheit entwickeln, die man dann auch in´s Leben allgemein übertragen kann. Vielleicht meinte deshalb mal eine Schülerin zu mir, dass mein Musikunterricht auch gleichzeitig Philosophieunterricht für sie ist.
Wer oder was hat deine Leidenschaft für Musik geweckt?
Als Jugendlicher hörte ich viel Radio. Insbesondere zwei Redakteure des damaligen Südwestrundfunks prägten meinen Musikgeschmack: der jazzaffine Joachim-Ernst Behrendt und Ingeborg Schatz, die eine Sendung für außereuropäische Musik hatte. Ich lernte dank diesen beiden eine Menge guter und bis dahin nie gehörter Musik kennen, das war fantastisch! Musik ist gut für mich, wenn sie dem Gehör Futter gibt. Wenn du hörst wie ein Mensch mit 100% Energie spielt. Wenn du hörst, dass eine Musik etwas zu erzählen hat. Wenn es einfach fetzt, dann fällt dir nichts mehr ein, es fesselt dich dann so stark, dass du danach vielleicht nicht mal sagen kannst, ob die Technik gut oder schlecht war und welche Instrumente dabei waren.
Welche musikalischen Entdeckungen haben dich stark beeindruckt?
Gamelanmusik beispielsweise aus Sumatra, Java, Borneo und Bali. Hierfür werden bestimmte Instrumente aus Metall benutzt, die wie Glocken klingen. Menschen sitzen zusammen, schlagen auf diese unterschiedlich großen und kleinen Metallinstrumente mit einem Stock und erzeugen mit nur fünf Tönen eine akustische Atmosphäre, die ist unbeschreiblich und war damals als ich diese Musik das erste Mal hörte ganz fremd für mein Ohr. Ich kenne Folklore aus meiner Heimat Slowenien, damals Jugoslawien. In Slowenien ist Folklore geprägt durch die Österreichisch-Ungarische Monarchie und in Dalmatien, im Süden Kroatiens auch durch Italien. Folklore klingt meistens ungewohnt für uns, da wir uns täglich in einer ganz anderen Geräuschlandschaft bewegen.
Was interessiert dich an Folklore?
Folklore gehört zu den Traditionen einer Kultur: Menschen Musizieren laienhaft, da sie mittels der Musik ihre Erlebnisse aus dem Alltag erzählen und ihre Gefühle zum Ausdruck bringen können. Über diese Musik lerne ich eine Menge über unterschiedliche Kulturen und die Geschichte eines Landes. Folklore ist aber zugleich auch eine Migrationsgeschichte, da sie sich aus verschiedenen Einflüssen zusammensetzt. Musik war schon immer global.
Wie kamst du als leidenschaftlicher Musikhörer zum selbst Musik machen?
Ich wollte immer schon Musik machen. Eigentlich wollte ich Klavier spielen. In der Musikschule in Sindelfingen, wo ich aufwuchs, meinten sie damals zu mir, dass dies gerade nicht möglich ist. Wenn ich wollte könnte ich aber sofort Bass lernen, da es dafür noch freie Plätze gibt. Und so bin ich zum Bass gekommen. Wenn du Bass spielst, beschäftigst du dich viel mit Rhythmen und das gefällt mir daran. Ich studierte dann auch Bass in der Schweiz und spiele bis heute Swing und Jazz mit immer wieder verschiedenen Bands in unterschiedlicher Besetzung und in ganz Europa.
Wir sind mittlerweile bei einem Kaffee in der Bar des Kunstmuseums angelangt, wo du auch schon aufgetreten bist. Hier hast du allerdings kein Jazz oder Swing, sondern Salsa gespielt. Wie kam es denn zur Salsa?
Ich habe in der Sendung des besagten Berendt 1973 die Platte The sun of latin music von dem New Yorker Salsapianisten Eddie Palmieri gehört und war sofort begeistert. Diese Platte höre ich heute noch gern. Im Zapata habe ich ihn live erlebt und konnte ihm sagen, dass mich vor allem seine Musik zur Salsa gebracht hat. Ich denke jede Musik hat ihre eigenen Codes und Geheimnisse, die es zu ergründen gilt: Während ich mein erstes Salsa-Stück produzierte fand ich heraus, dass die Rhythmen anders funktionieren wie ich sie bisher gewohnt war zu spielen. In der Wohnung eines Freundes lernte ich Musiker kennen, mit denen ich 1982 meine erste Salsa-Gruppe gründete. Ich wohnte damals bei diesem Freund, der mit einer Argentinierin verheiratet ist. Ihre damals 3-jährige Tochter brachte mir meine ersten Worte auf Spanisch bei, so dass ich auch mit meinen neuen Musikerkollegen sprechen konnte. Zurzeit produziere ich mit meinem jetzigen Orchester Tokame, das seit 2002 besteht, meine zweite Salsa-CD mit dem Titel Eres la tierra mas linda.
 
Interkultur Stuttgart  / Tina Saum

BRANKO ARNSEK 

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