BRANKO ARNSEK 

MUSIKER - KOMPONIST - PRODUZENT - DOZENT 

IN MAGAZIN  vom 03.05.2021
Interkultur Stuttgart
Zwei Biographien - Zwei Sichtweisen
 Das 20-jährige Bestehen dieser Zeitschrift haben wir zum Anlass genommen,

zwei Kunstschaffende zu porträtieren und zu befragen, denen wir

- wie vielen anderen Stuttgarter Künstler*innen auch -

mit diesem Magazin eine Plattform bieten.

 

Branko Arnsek 

 

Einer der Musiker, den unser interkulturelles Monatsmagazin von Anfang an begleitet hat, ist der 1960 aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Sindelfingen immigrierte und seit 1982 in Stuttgart lebende Branko Arnsek (61). Der vielseitige Bassist, Komponist und Produzent hat im Laufe seiner über 40-jährigen Musikerlaufbahn schon viel erlebt., ist in Jazz- und Salsaclubs ebenso aufgetreten wie bei Piano-Fischer oder im russischen Fernsehen. Bereits als Kind machte er mit seiner singenden Mutter und dem Akkordeon spielenden Vater Hausmusik und nahm erste Klavierstunden an der örtlichen Musikschule. Nach dem Kontrabass- und E-Bass-Studium an der Swiss Jazz School in Bern widmete er sich ganz der Musik. 

Schon bald entdeckte er kubanische und lateinamerikanische Rhythmen, ließsich von Gamelanmusik ebenso begeistern wie vom Balkan-angehauchten Sound und tourte mit verschiedenen Bands durch ganz Europa - etwa mit dem 1985 von ihgm mitgegründetem Zigeli Winter Quartett, dem seit 2002 bestehenden afro-kubanischen Orchester Tokame oder mit den Guttenberger Brothers. Sein neuestes Projekt ist das 2020 gegründete Cuban Orquesta, mit dem er alte kubanische Salonmusik zu neuem Leben erweckt. Zudem hat Arnsek 2014 die Agentur Cuba Events gegründet, die Konzerte von in Deutschland lebenden kubanischen Musiker*innen vermittelt.

 

Was macht meine Migrationsbiografie mit mir? 

"Ich pendelte eigentlich schon immer zwischen verschiedenen Welten und Kulturen. Vielleicht hatte ich gerade deshalb immer großes Interesse und eine riesige Neugier auf die Kultur der Nachbarn, vor allem natürlich auf deren Musik. Ich war auch ein großer Fan von Ingeborg Schatz´ Sendung Außereuropäische Musik im damaligen SDR. Auch Beispiele wie das Theater am Faden, das regelmäßig Konzerte mit Musikern aus Südindien veranstaltet, zogen mich an. Bei Menschen aus anderen Ländern, mit anderen musikalischen Traditionen fühlte ich mich wohlund konnte dabei enorm viel lernen. Und so ist für mich der ständige Wechsel zwischen verschiedenen musikalischen welten auch kein Problem. Vielfalt ist für mich Alltag - und ein großer Reichtum. 

Vor 20 Jahren gab es natürlich auch schon einzelne "ländische Bands und Gruppierungen. Heute die meisten dieser migrantischen Künstler längst Teil der deutschen Gesellschaft. Heute empfinde ich die Situation für migrantische Künstler generell schwiriger als damals und die Schere zwischen gut und schlecht verdienenden Künstlern ist noch weiter auseinandergegangen. 

 

Was bedeutet mir das IN MAGAZIN? 

"Die Zeitschrift ist für migrantische Künstler generell hilfreich, aber nicht nur für Migranten. Sie ist eine der wenigen Zeitschriften, die regional einen guten Überblick bietet, was in der Stadt im multikulturellem Bereich geboten wird. Zum einen setzt sie sich für Interkultur ein und macht so Werbung für eine gute Sache, zum anderen bürgt die Zeitschrift für seriosität, was nicht unwichtig ist in der heutigen Zeit. Wenn es sie nicht gäbe würde etwas fehlen, denn wie sollten die Menschen sonst von der Vielfalt der unterschiedlichen Kulturen in Stuttgart und der Region etwas mitbekommen?" 

 

Was macht Corona mit meiner künstlerischen Existenz? 

"Die Pandemie hat die Musik- und Kulturszene grundsätzlich  verändert, denn manche meiner Kollegen sind inzwischen Harz-IV-Empfänger. Ich kämpfe noch und bereite gerade neue Musik, Projekte und Tonträger vor. Auch ein paar Online-Konzerte habe ich gemacht und neue Songs für die Gutteberger Brothers sind in Arbeit. Ich habe Überbrückungshilfe bekommen und noch eine Ministelle bei der Musikschul, aber das Fatale für mich und alle anderen Kulturschaffenden ist, dass niemand weiß, wie es weitergeht. Ich versuche trotzdem positiv in die Zukunft zu schauen."

 

Die Gespräche führte Jürgen Spieß